»Eine fremde, seltsame Welt«

Mit „A strange world. Das Universum des David Lynch“ liegt die zweite deutschsprachige Publikation über David Lynch von 1998 vor. Der Band enthält auf mehr als 300 Seiten Aufsätze verschiedener Autoren zum Werk des amerikanischen Regisseurs. In einem jedoch unterscheidet er sich von allen deutschsprachigen Veröffentlichungen: Die Beiträge sind sowohl von ihrer Sprache als auch von ihren Themen durchgängig (film-) wissenschaftlich gehalten. Somit bietet der Ludwig-Verlag nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Forschung sondern stellt auch gleichzeitig einen Ausschnitt derselben dar. Dass das Buch als Einführung in die Thematik daher ungeeignet ist, versteht sich von selbst.


Die Aufsätze sind in drei Bereiche segmentiert. Zunächst versucht “Grenzen, Ordnungen, Realitäten” eine Topografisierung des viel zitierten aber dennoch reichlich unerforschten “Lychville”. Hier wird versucht die Lynch-typischen Variablen, die so gar nicht in den Kontext üblicher Genres, wie Thriller, Horror- oder Gruselfilme passen wollen, in Worte zu fassen. Vor allem der Beitrag Maurice Lahdes über die Traumerfahrung in den Filmen David Lynchs schafft einen erhellenden Zugang zu Eraserhead, der in einem Großteil der bisherigen Literatur über diesen offensichtlichen Traumfilm viel zu kurz gekommen ist.
Das zweite Segment des Buches, überschrieben mit “Körper, Konfrontation, Geschlechter”, setzt sich mit dem populärsten und bislang am häufigsten diskutierten Thema der Lynch-Filme auseinander. In sechs Aufsätzen (unter ihnen Anne Jerslev, die bereits 1996 eine Monografie zu David Lynch veröffentlicht hat) sollen die Bezüge der lynchschen Körperphantasien aufgedeckt werden. Das reicht vom eigenen Körperbild der Außenseiter-Protagonisten bis hin zu den Beziehungen zwischen Männern und Frauen (am Beispiel Blue Velvet oder Lost Highway).

Im dritten Teil des Buches untersuchen die Autoren unter der Überschrift “Zeichen, Kommunikation, Referenz” die intertextuellen Bezüge des filmischen Werks Lynchs einerseits untereinander (und betonen damit vor allem den Werkscharakter) sowie zu anderen Genres und Gattungen. Herausstechend sind hier vor allem die Beiträge von Petra Kallweit über die Selbstreferenz in Lost Highway und Twin Peaks sowie der Aufsatz über die Funktion populärer Musik (mit der Überschrift: “from Blue Velvet Underground to Wild Mainstream”) in den Filmen Lynchs.

Der Aufsatzsammlung liegt ein Seminar des Kieler Instituts für neuere deutsche Literatur und Medien, dass von den Autoren 1997 abgehalten wurde, zugrunde. Die Beiträge, die für eine sehr spezielle Leserschaft geschrieben sind, stellen die Bedeutung Lynchs für die Filmkunst in der Postmoderne und ein tieferes Eindringen in das Oeuvre seines Werks dar.

Eckhard Pabst (Hrsg.)
»A strange World« Das Universum des David Lynch
Verlag Ludwig
24,90 Euro (Taschenbuch)

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