»Ein Betrüger glaubt nichts«

Hochstapler, Heiratsschwindler und Trickbetrüger sind – zumindest im Spielfilm – schillernde Figuren, ja, manchmal sogar Helden. Wer erinnert sich nicht an die Kapriolen aus Frank Oz’ “Dirty Rotten Scoundrels” oder Spielbergs “Catch me if you can”? Dass das wahre Leben ganz anders ist, dass die Opfer von Betrüger häufig finanziell und psychisch ruiniert sind und die Täter nicht selten massive psychische Probleme haben, die sie – ganz anders als die Gentlemen-Ganoven in den Filmen – zu ihren Taten zwingen, ist eine selten ins Bild gerückte Tatsache. Alexander Andolphs neuer Dokumentarfilm “Die Hochstapler” schickt sich an, dies zu ändern und den wahren Tätern ein Gesicht und eine Geschichte zu geben. Leider kommt dabei unterm Strich die selbe Glorifizierung wie in den fiktionalen Beiträgen heraus.

Vier Männer stellt der Film vor: Thorsten S., einen Schrottverwerter, der sich als Mediziner und Diplomat ausgegeben hat, Marc Z., der als Immobilienmakler einen Familienvater um dessen erarbeitetes Geld gebracht hat, Peter G., der mit gefälschten Schecks Banken betrogen hat und Jürgen H., der als Anlageberater Hamburger Millionäre um Unsummen erleichtert hat, um sich selbst ein luxuriöses Leben zu verschaffen. Die Täter, allesamt zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, erzählen vor der Kamera “das Geheimnis ihres Erfolgs”: Wie sie an ihre Opfer gekommen sind, wie sie sie in Arglosigkeit gewiegt haben, schließlich auch: wie man sie geschnappt hat, wie ihr Leben vorher und seither verlaufen ist und mit welchen moralischen Ausflüchten sie ihr Geschäft vor sich selbst gerechtfertigt haben.

Adolphs Film behauptet, sich vor allem für letztere Themen zu interessieren. Er liefert zu allen vier Figuren biografische Notizen, lässt von Marc Z. sogar die Eltern zu Wort kommen. Insgesamt sind die Täter alle Opfer ihrer eigenen Kindheit und Jugend – so zumindest sehen sie es selbst. Und aus dieser Opferrolle wollten sie mit ihren Taten ausbrechen, die Gewinner der Gesellschaft zu Opfern machen – die “Gier” der von ihnen betrogenen sei es gewesen, die ihr Handeln gerechtfertigt hat. Nicht nur lässt Adolph diese These unwiderlegt im Raum stehen, ja, unterstreicht sie sogar noch dadurch, dass er eines dieser Opfer aussagen lässt – unerkannt im Dunkel, so als müsste es sich dafür schämen, was ihm angetan wurde. Nein, “Die Hochstapler” liefert in der Nacherzählung der “Methoden” auch gleich noch einen Beweis für die Genialität dieser Menschen.

Über sein Thema hinaus, dass, wie gesagt kritikwürdig dargeboten wird, hat der Film dann wenig zu bieten. Frontale, zumeist in großen und nahen Einstellungen eingefangene Interviewbilder wechseln sich ab mit Videobildern, die durch ihre Grobkörnigkeit und das zuvor Berichtete, als “Bilder der Vergangenheit” daherkommen. Ein pathetischer Soundtrack versucht den Gesamteindruck abzurunden – verhilft dem Sujet jedoch nur zu noch mehr falschem Pathos. So dümpelt der Film 80 Minuten dahin und lebt allein von der Interessantheit seiner Täter-Figuren. Wenn man sich von deren Aura aus verständlichen Gründen allerdings nicht einfangen lassen mag, wird “Die Hochstapler” ein nur wenig Interessantes Filmerlebnis.

Die Hochstapler
(Detuschland 2006)
Regie & Buch: AlexanderAdolph; Musik: Dieter Schleip; Kamera: Estela Sanz Posteguillo & Susanne Schüle; Schnitt: Nina Ergang
Mit: Peter G., Juergen H., Torsten S., Mark Z.
Verleih: Majestic
Start: 26.04.2007

Eine Antwort auf „»Ein Betrüger glaubt nichts«“

  1. Ich persönlich finde den Film hervorragend!

    Alexander Andolph zeigt hier auf eine Spannende und intelligente Art und Weise
    die Mechanismen des Betrugs auf. Es wird deutlich wie leicht es möglich ist Menschen
    zu manipulieren. Es werden dem Zuschauer durchaus Situationen aufgezeigt,
    in denen er sich selbst wieder findet.

    Der Film „Die Hochstapler“ stellt sich wirklich als niveauvoller und hochwertiger
    Dokumentarfilm dar und nicht nur als einfache Reportage.

    Gute Kameraeinstellungen und Effekte runden in Verbindung mit der brillianten Filmmusik
    das Gesamtbild ab.

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